Schiffe und Wasser so weit das Auge reicht Hottelner „Alt-Junggesellen“ erkunden Lübecker Bucht und Wismar

 

Hotteln (war). Holger Kuhlemann und Andreas Enderle sind in Hotteln als passionierte Segler bekannt. So war es nicht verwunderlich, dass unter dieser Reiseleitung maritime Ziele angesteuert wurden. Gemeinsam an Bord eines Busses waren am 13. September schließlich 38 „Alt-Junggesellen“, Hottelner Junggesellen und Ehemalige, um auf der neunten Fahrt Lübeck, Travemünde und Wismar zu besuchen.
Noch weit genug entfernt vom Wasser wurde südlich von Hamburg eine Pause eingelegt, um sich bei einer zünftigen Brotzeit zu stärken. An alle „Süßen“ unter den Mitreisenden hatte indessen Cord Ladiges gedacht, der anlässlich seines Geburtstages zwei Kuchen spendierte, die auch recht schnell verzehrt waren.
Unweit des berühmten Lübecker Holstentores, wurde in fußläufiger Nähe zur Altstadt für zwei Nächte Quartier bezogen. Von dort aus ging es zum ersten Event: Drachenbootfahren. „Schon bei diesem Gedanken war mir ganz schlecht“, gab Dirk Warneke nachher zu, denn insgesamt 5,5 km waren paddelnd einmal um die Lübecker Altstadt herum auf schwankenden Booten zurückzulegen. Gut beraten war, wer der Ansage gefolgt war, Wertsachen besser im Bus zu lassen, da bereits kurz vor dem Einsteigen ein Mitreisender ein erfrischendes Bad in der Trave nahm. Alle anderen sind – abgesehen von teilweise reichlich Spritzwasser der Paddel – trocken wieder angekommen. „Drachenboot fahren benötigt zwingend Teamfähigkeit“, hatte ein Bootsmann die Hottelner im Vorfeld beschworen. „Nur wenn gemeinsam im Takt die Paddel eintauchen, kommt das Boot voran und alle erreichen das Ziel.“ Sei dem nicht so, könne gefährliches Schwanken oder gar Kentern nicht ausgeschlossen werden. Die drei externen Bootmänner waren mit der Besatzung ihrer Boote hinterher mehr oder minder zufrieden. Schließlich ist bei den Fahrten der Hottelner „Alt-Junggesellen“ immer gelebte Praxis, dass alle aufeinander achten – von Florian Potrykus mit 22 Jahren als Jüngstem bis hin zu Heiner Peters mit bald 76 Jahren als Ältestem.
Abgekämpft schmeckte abends das gemeinsame Abendessen im traditionellen Restaurant „Schiffergesellschaft“ am Fuße der Kirche St. Jacobi, ehe sich ein individuelles Abendprogramm zur freien Verfügung anschloss.
Morgens waren alle „Gesellen“ pünktlich abfahrbereit. Nach kleinen nur technisch bedingten Startschwierigkeiten ging es nach Travemünde, wo eine „Ostsee-Schnupperkreuzfahrt“ mit der MS Marittima durch den Hafen auf dem Programm stand. Bei strahlendem Sonnenschein ging es im Hafen vorbei an Fähren, die sich von Travemünde nach Skandinavien oder ins Baltikum auf dem Weg machen. Besonders gegrüßter Gast war im Hafen an diesem Tag die MS Europa, die gerade ihre Gäste zu einer Kreuzfahrt quer durch die Ostsee mit späterem Reiseziel Hamburg empfing. Dass Seeluft hungrig macht, ist tatsächlich kein Gerücht, denn das sich anschließende Mittagessen mundete schon wieder ausgezeichnet.
Mit einer kleinen Auto- und Passagierfähre wurde von Travemünde auf die gegenüberliegende Halbinsel Priwall übergesetzt. Nächstes Etappenziel war die dort liegende Viermastbark „Passat“, die 1911 bei Blohm & Voss in Hamburg ganz aus Stahl gebaut wurde. Über das Schwesterschiff der 1957 im Hurrikan gesunkenen „Pamir“ wurden die „Gesellen“ von einem ehemaligen Kapitän geführt, der viel Interessantes und Wissenswertes über Schiff und Seefahrt anschaulich berichten konnte. Unten im Laderaum wurde ein Film über die „Passat“ und das Leben an Bord gezeigt, der 1929 entstanden war und das harte Leben der Matrosen an Bord bei schönem Wetter, aber auch bei Sturm und Orkan fast bedrückend dokumentierte. Eine nachgestellte Szene im Schiffsbauch veranschaulichte zudem, wie seinerzeit alles verstaut wurde.
An Bord einer kleinen Barkasse ging es zurück über die Trave und auf der anderen Seite sofort hoch hinaus, da im 35. Stock des Hotels Maritim die Kaffeetafel gedeckt war. Obwohl es sich zwischenzeitlich etwas eingetrübt hatte, war von oben noch eine besondere Aussicht bis weit ins gleich angrenzende Mecklenburg hinein zu genießen.
In Wismar erwartete die „Gesellen“ am nächsten Morgen Klaus Störtebeker zu seinem Stadtrundgang, der sich freute, eine Gruppe begrüßen zu können, die Plattdeutsch versteht. So „vertellte“ er munter über seine eigene Geschichte, die der Backsteingotik und die der Hansestadt Wismar, wo es mit exakt 100 Mal 100 Meter einen der größten Marktplätze Norddeutschlands gibt. Kurzweilig wurde von Störtebeker Geschichte erlebbar gemacht. Besonders hellhörig wurden die „Gesellen“ bei der Erklärung des Straßenschildes der Tittentasterstraße. Doch keine unanständigen Gedanken sind Namengeber dieser Gasse, sondern die so enge Bauweise, dass zwei Menschen nur mit dem Rücken zur Hauswand aneinander vorbei gehen konnten und sich so im wahrsten Sinne des Wortes unausweichlich Körperkontakt ergab.
Nur wenige Meter westlich des Marktes ragt nur noch der mächtige Turm der kriegszerstörten Marienkirche auf. Die Grundmauern des Kirchenschiffes werden aktuell bis zur Höhe von etwa drei Metern wiederhergestellt, um die einstige Größe dieser Kirche erahnen zu können. Mahnmal des Zweiten Weltkrieges war bis kurz nach der Wiedervereinigung auch die Ruine der Georgenkirche, deren Wiederaufbau zwischenzeitlich abgeschlossen werden konnte. Zum Beweis der guten Akustik und vor dem Hintergrund der Geschichte der nun als Gotteshaus und Kulturkirche dienenden Basilika stimmte „Störtebeker“ nicht ohne Hintergedanken den Kanon „Dona nobis pacem“ (Gib uns Frieden) an, was ihm besonderen Beifall, manchem Zuhörer aber auch Gänsehaut einbrachte.
Leider war die kurzweilige und begeisternde Stadtführung viel zu schnell zu Ende. „Ich hätte noch Stunden zuhören können“, stellte Hartmut Seifert aus Bledeln anschließend beim manchem zu reichlichen Mittagessen im „Brauhaus am Lohberg“ fest.
Letztes Event war ein Segeltörn mit der Poeler Kogge „Wissemara“, einem Nachbau aus dem 14. Jahrhundert einer hanseatischen Kogge, die in der Hansezeit den so typischen Transport von Massengütern durchführten. Mit Motorkraft ging es gegen den Wind hinaus in die Wismarer Bucht. Dort wurde das Großsegel mit dem Wappen der Hansestadt Wismar gesetzt. Die als leidenschaftliche Segler bekannte Reiseleitung Holger Kuhlemann und Andreas Enderle konnte so den „Landratten“ erlebbar machen, wie Wasser, Witterung und Wind intensiv beeindrucken können. Mit der Kraft des Windes im Rücken ging es beschaulich wieder zurück gen Hafen. Doch beim Einholen des Segels hatten auch die übrigen Hottelner „Gesellen“ zuvor noch mit Hand anzulegen.
Gestärkt von leckeren Fischbrötchen und mit fangfrischem Fisch für Daheim im Gepäck machten sich die „Gesellen“ dann wieder auf die Heimreise. „Wir haben gemeinsam drei interessante, maritim geprägte Tage erlebt“, stellte Thomas Gieseke aus Müllingen abschließend fest. Besonderer Dank dafür gilt den Organisatoren Holger Kuhlemann und Andreas Enderle für eine Reise rund um Schiffe und Wasser.