Menschen, die in Jahrhunderten denken

Bürgermeisterin Heike Brennecke verabschiedete Werner Vahlbruch aus dem Amt des Stadtheimatpflegers. (Fotos: Christina Steffani-Böringer)

Der kleine gemütliche Gastraum der Konditorei Sweet Symphonies in der Steinstraße ist an diesem grauen Montagnachmittag, dem 15. Dezember 2025, voll. Voller gut gelaunter Menschen, die eines gemeinsam haben: Sie kennen sich aus mit der Geschichte Sarstedts und den Geschichten und Geschichtchen der Innerstestadt.

Dass sich die Ehrenamtlichen des Geschichtskreises, darunter Ulrike Mellin, Rainer Scholz und Werner Vahlbruch, die inzwischen pensionierte Stadtarchivarin Ruth Höftmann und die Stadtführerinnen und Stadtführer Manfred Köhler, Heidrun Tänzer-Fricke und Jan Peter Brede zusammen mit den Heimatpflegern Hans Wehling aus Giften, Renate Fischer aus Hotteln und Harald Kellner aus Ruthe an diesem Tag zu Kaffee und erlesenen Törtchen treffen, hat einen besonderen Grund. Die Plaudereien am Kaffeetisch über Historien-Dönekens, Friedhofsdenkmale, ehemalige Kinos oder Rockeraufstände in der Stadt lassen es ahnen:

Bürgermeisterin Heike Brennecke verabschiedet Werner Vahlbruch, ehemals Standesbeamter im Rathaus und nach seiner Pensionierung vor zehn Jahren weiter vielfältig aktiv als Stadtführer, Heimatforscher im Rahmen des Geschichtskreises und offizieller Heimatpfleger für die Kernstadt, aus dem Amt des Heimatpflegers.

Seit rund dreißig Jahren habe Vahlbruch, so die Bürgermeisterin, als Stadtheimatpfleger gewirkt. Dafür gebühre ihm großer Dank. Als einer der ersten Stadtführer habe er zudem ein System für die Stadtführungen entwickelt und die Ausbildung zukünftiger Kollegen verantwortet.

Werners Anliegen war immer, Vergessen zu verhindern.“
Bürgermeisterin Heike Brennecke

Er habe sich schon seit seinem 18. Lebensjahr für die Geschichte der Stadt interessiert, so erinnert sich Vahlbruch selbst. Seine Eltern und Großeltern lebten in der Stadt, „ich wusste ja, welche Alten ich fragen konnte.“ Und schränkt ein: „Außer, als es um die Nazizeit ging, da haben sich viele gesperrt…“. Und er habe leider manchmal „den Zeitpunkt verpasst, und dann waren manche verstorben, bevor ich sie fragen konnte…“.

Vahlbruch hat dann zusammengetragen und dokumentiert, „die Geschichten und Geschichtchen, auch aus eigenem Erleben – und auch erfunden …“, so Vahlbruch scherzhaft weiter. Einiges kann man heute in den Bücherschränken der Stadt entdecken, denn Vahlbruch hat im Rahmen des Geschichtskreises auch reichlich publiziert.

Wer die Vergangenheit nicht kennt, kann die Zukunft nicht gestalten.“
Stadtheimatpfleger Werner Vahlbruch in Abwandlung eines Zitats von Wilhelm von Humboldt („Nur wer die Vergangenheit kennt, hat eine Zukunft.“)

Begonnen habe alles, so Vahlbruch in seiner Erinnerung, „1979 mit Hans Wehling mit einem Vortrag über die Mühlenstraße, damit ging es los…“. Es folgten Veranstaltungen im Rahmen des Tages des offenen Denkmals, an der Villa Steinberg, der Mühle Malzfeldt oder der St. Nicolai-Kirche. Damals seien hunderte Menschen zu den Besichtigungen und Führungen gekommen.

Es kamen Recherchen zu allen möglichen Themen hinzu, darunter natürlich auch, da Sarstedt an der Grenze zwischen katholischem Bistum Hildesheim und evangelischem Welfen-Gebiet lag, „Krieg und Frieden, Dreißigjähriger Krieg…“. Das „Wühlen in den Archiven“ habe ihn beflügelt.

Nun hört Werner Vahlbruch wie geplant mit 75 Jahren auf. „Gottseidank gibt es einen Nachfolger, der nun auch neue Ideen und Gedankengänge einbringen kann.“ Als Stadtheimatpfleger müsse man in der Stadt präsent sein, sich bekannt machen, um möglichst viel aus der und über die Stadt zu erfahren. „Ich beobachte das!“, kündigte Vahlbruch an, der darauf verwies, dass es noch „vieles aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft“ festzuhalten gebe, denn „auch Neubaugebiete sind irgendwann Geschichte.“

Peter Brede ist neuer Heimatpfleger für die Kernstadt Sarstedt.

Peter Brede ist neuer Heimatpfleger für die Kernstadt
Der „Neue“ ist Jan Peter Brede. Der 58-Jährige ist nach seiner Tätigkeit in der IT bei der Nord LB seit dreieinhalb Jahren Vorruheständler, hat vor drei Jahren seine Ausbildung als Stadtführer bei Werner Vahlbruch und dessen Mitstreitern absolviert und studiert seit zwei Jahren im „Seniorenstudium“ an der Uni Hannover katholische und evangelische Geschichte beim renommierten Prof.em. Dr. Hans-Georg Aschoff. Geboren in Hannover, wuchs Brede in Schliekum auf, wo er auch lange lebte, bevor er nach Sarstedt zog. Dort, so berichtete er über seine ganz persönliche Beziehung zu Werner Vahlbruch, habe dieser ihn als Standesbeamter „damals auch getraut“. Etwas, was Brede mit vielen Sarstedterinnen und Sarstedtern teilen dürfte.
Bürgermeisterin Heike Brennecke bestellte Jan Peter Brede offiziell mit Urkunde gemäß einstimmigem Beschluss im Verwaltungsausschuss der Stadt Sarstedt zum 1. Januar 2026 zum Heimatpfleger für die Kernstadt und wünschte ihm gutes Gelingen. Es seien „große Fußstapfen“, in die er trete.

Seit zwanzig Jahren kümmert sich Hans Wehling als Ortsheimatpfleger um die Geschichte Giftens.

Ehrung für zwanzig Jahre Engagement
Und noch ein weiterer Mann erhielt am 15. Dezember eine Urkunde: Hans Wehling, der von der Ehrung sichtlich überrascht wurde. „Schon zwanzig Jahre?“, staunte er, als ihm die Bürgermeisterin dafür dankte, sich schon seit dem 12.12.2005 als Ortsheimatpfleger in Giften zu engagieren.
Hans Wehling ist ein echtes „Urgestein“. Der gebürtige Sarstedter, dessen Eltern „bis 1951 gegenüber vom Rathaus wohnten“, erzählt launig, wie er in der Mittelschule seine spätere Frau kennengelernt und sie auch zur Tanzstunde begleitet habe. 57 Jahre hält diese Ehe nun schon. Später war Wehling Leiter der „Grundschule II“, heute Kastanienhofschule.

/stb