Austritt schlägt Wellen

Sarstedt (jm). „Lockdown“ unter Corona? Das gilt nicht für die Sarstedter Politik. Im Gegenteil: Es hat sich sehr viel bewegt in den vorigen Wochen und Monaten. Ende April ist Jaqueline Rohde aus der SPD und damit auch der SPD-Stadtratsfraktion ausgetreten. Nur kurz darauf verließen Stephanie Franke, Dirk Warneke und Wolfgang Jaeckel die CDU-Stadtratsfraktion. Und kurz darauf haben sie auch ihre CDU-Mitgliedschaft beendet.

Das KLEEBLATT hat die drei Stadtratsmitglieder sowie den Sarstedter CDU-Vorsitzenden Friedhelm Prior um eine Stellungnahme im Hinblick auf den CDU-Partei-Austritt gebeten.

Franke, Warneke und Jaeckel kritisieren, dass sie nur „mit einem „freiwilligen“ Austritt“ einem Ausschlussverfahren zuvorgekommen seien:

„Am 30. April 2020 haben wir entschieden, dass wir ab sofort nicht mehr Mitglieder der CDU-Fraktion im Rat der Stadt Sarstedt sind.

Dem ging ein jahrelang schwelender Entscheidungsprozess voraus. Letztendlich blieb uns keine andere Wahl. Immer seltener fanden wir einen gemeinsamen Nenner in der täglichen Sachpolitik. Die Chemie stimmte schon lange nicht mehr. Dies führte dazu, dass ein partnerschaftliches Miteinander immer schwieriger geworden ist.

Wir haben unter dem Vorsitz von Wolfgang Jaeckel und der Stellvertretung von Dirk Warneke die neue Gruppierung „GUT für Sarstedt“ (GUT) im Rat der Stadt Sarstedt gebildet. Gute Kommunalpolitik bleibt damit personenspezifisch. Teamwork und Transparenz hatten und haben für uns stets erste Priorität. Daher haben wir uns die Entscheidung eines Ausscheidens aus der CDU-Fraktion im Rat der Stadt Sarstedt nicht leicht gemacht.

Kurios beziehungsweise bemerkenswert ist die Tatsache, dass wir, obwohl wir gar nicht die Partei verlassen wollten, diese auf Grundlage der Bundesstatuten zu verlassen hatten. Das Verlassen der CDU-Fraktion an sich soll nämlich bereits ein parteischädigendes Verhalten sein. Dabei sind die CDU-Fraktion im Rat der Stadt Sarstedt und die CDU als Partei nach unserem Verständnis zwei völlig unterschiedliche Paar Schuhe. Logisch nachvollziehbar ist das Bundesstatut für uns daher nicht. Und nur mit einem „freiwilligem“ Austritt aus der Partei kommt man einem Ausschlussverfahren zuvor.“

Am 12. Mai 2020 hat dann der CDU-Stadtratsfraktions- und Stadtverbandsvorsitzende einen Antrag auf Einleitung eines Parteiausschlussverfahrens gestellt. Zu diesem Zeitpunkt waren Stephanie Franke und Dirk Warneke allerdings schon aus der CDU ausgetreten.

Wolfgang Jaeckel ist im Verfahren am 3. Juni 2020 noch vom CDU-Kreisvorstand angehört worden. Er hat danach auch seinen Austritt aus der CDU erklärt.

„Negative Reaktionen konnten wir bislang nicht vernehmen. Insofern ist alles tatsächlich gut.“

Der Vorsitzende der Sarstedter CDU, Friedhelm Prior, sieht das erwartungsgemäß anders. Ein Ausschluss aus der CDU sei „unvermeidbar“ gewesen:

„Am 2. Mai haben sie mir per E-Mail ohne Angabe von Gründen mitgeteilt, dass sie die CDU-Fraktion verlassen und bereits eine eigene Ratsfraktion gebildet hätten. Zuvor hatten sie vergeblich versucht, den von der CDU-Fraktion beantragten Corona-Hilfsfonds zu verhindern. Dazu hatten sie sogar hinter dem Rücken der CDU-Fraktion Gespräche mit den Grünen und der W-A-S geführt: Vergeblich! Der Hilfsfonds wurde in der Ratssitzung am 28. April fast einstimmig beschlossen, obwohl Dirk Warneke den von seiner eigenen Fraktion vorgeschlagenen Hilfsfonds als unsinnig diffamierte. Anschließend sind sie nach und nach aus der Partei ausgetreten, um einem Ausschluss zuvorzukommen. Unabhängig vom illoyalen Verhalten wäre ein Ausschluss unvermeidbar gewesen. Allein der Austritt aus der CDU-Fraktion war schon ein Verstoß gegen das CDU-Statut. Erschwerend kommt hinzu, dass sie ihre für die CDU erlangten Ratsmandate trotz Fraktionsaustritt nicht niedergelegt, sondern im Stadtrat eine eigene Fraktion gebildet und damit den politischen Einfluss der CDU im Stadtrat gemindert haben. Dies schadet dem Vertrauen der Wählerinnen und Wähler in die Zuverlässigkeit von CDU-Mitgliedern bzw. deren vertrauensvolle Zusammenarbeit im Stadtrat. Wer sich so verhält, kann nicht Mitglied der Christlich Demokratischen Union Deutschlands sein.“