Internationaler Aktionstag für Menschenrechte der Frauen

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Weibliche Genitalverstümmelung – auch in Deutschland ein Thema

Der 6. Februar ist seit 2003 internationaler Aktionstag „Null Toleranz gegenüber weiblicher Genitalverstümmelung“. TERRE DES FEMMES, ein eingetragener Verein, der sich weltweit für die Menschenrechte der Frau einsetzt, initiiert dazu jährlich bundesweit eine Büchertischaktion.
Diese Aktion hat 2022 auch Sarstedts Gleichstellungsbeauftrage Jessica Schablow aufgegriffen und, da aufgrund der aktuellen pandemischen Lage eine Öffnung des Jugendzentrum KLECKS für die Allgemeinheit nicht möglich ist, zumindest ein Bücherfenster zum Thema gestaltet.

Ab sofort und bis einschließlich 8. Februar ist es zu sehen. Schablow hat dazu das große verglaste Treppenhaus am KLECKS, Friedrich-Ebert-Straße 20, ausgewählt, das direkt zur Straße gelegen ist.
MenschenIm Fenster finden sich nicht nur aktuelle Flyer zum Thema, sondern auch verschiedene Bücher aus Schablows persönlichem Bestand. Darunter ein medizinisches Sachbuch wie „Viva la Vagina!“, der nüchtern-erschreckende Sachstandsbericht „Wo Frauen nichts wert sind“ und die biografischen Erfahrungsberichte „Safa“ und „Tränen im Sand“.

Dekoriert ist alles mit attraktiven exotischen (Stoff-)Blüten. Man muss schon genauer hinschauen, um dazwischen die weiße Rose mit den zusammengenähten Blütenblättern zu entdecken. Sie ist Symbol für einen archaischen und brutalen Akt: Weltweit sind mindestens 200 Mio. Mädchen und Frauen Opfer von Genitalverstümmelung. Jedes Jahr kommen etwa 3 Mio. weitere Opfer hinzu. Das Risiko für sie ist groß: Ca. 25 Prozent der Betroffenen sterben entweder während dieser schweren Körperverletzung oder an den Folgen. Schmerzen und schwerwiegende psychische und körperliche Schäden begleiten die Frauen ein Leben lang. Den Mädchen und Frauen werden nicht nur teilweise oder vollständig Klitoris und Schamlippen entfernt, meist ohne Betäubung, oft unter unsäglichen hygienischen Bedingungen, sondern sie werden in der extremsten Form außerdem noch so zugenäht, dass nur noch ein stecknadelkopfgroßes Loch offen bleibt, durch das sie Urin, aber auch Menstruationsblut verlieren können. Und wenn diese Frauen heiraten, wird ihnen diese Öffnung wieder aufgeschnitten für den ehelichen Geschlechtsverkehr. Oder auch erst für die Geburt der Kinder. Und danach werden sie wieder zugenäht. Bis zur nächsten Geburt.  Deshalb die zusammengenähte Rose. Auch in Deutschland werden solche Praktiken durchgeführt oder Mädchen bei Besuchen im Ursprungsland entsprechend verstümmelt.

„Das Thema ist grundsätzlich immer aktuell“, so Schablow. In Deutschland sind jährlich rund 20.000 Mädchen von Genitalverstümmelung bedroht, man vermutet eine Dunkelziffer von rund 75.000 in Deutschland lebenden Mädchen und Frauen, die eine Genitalverstümmelung erlebt haben.

Die weibliche Genitalverstümmelung ist in Deutschland als schwere Menschenrechtsverletzung eine Straftat (§226a Strafgesetzbuch), die mit bis zu 15 Jahren Haft geahndet wird, auch, wenn sie im Ausland durchgeführt wird. Auch diejenigen, die die Verstümmelung zwar nicht selbst durchführen, aber sie nicht verhindern oder sogar helfen, machen sich strafbar. Das gilt auch für Eltern, die ihre Tochter nicht davor schützen.

Infobriefe sollen aufklären

Zusammen mit Jan Glaser, der zurzeit im Rahmen seiner Erzieher-Ausbildung ein Praktikum im Jugendzentrum KLECKS absolviert, hat Jessica Schablow deshalb nun Infobriefe zusammengestellt „für alle Einrichtungen in Sarstedt, die mit Kindern arbeiten“. Denn es sei wichtig, „dass wir als Pädagogen oder im medizinischen Bereich hinschauen und bei einem Verdacht adäquat reagieren.“ Das gelte natürlich auch für jeden anderen Mitbürger. Bei einem Verdacht rät Schablow genau wie das Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend, das Justizministerium und das Auswärtige Amt, sowohl die Polizei als auch das am Wohnort zuständige Jugendamt zu kontaktieren. Denn wenn ein Mädchen der Gefahr ausgesetzt ist, Opfer zu werden, dann ist das auch ein Fall von Kindeswohlgefährdung.

Hilfe per Telefon oder online gibt es beim bundesweiten Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ unter T. 08000 116 016, 24 Stunden täglich, kostenfrei, anonym und in 18 Sprachen. / stb