Sport in Zeiten von Corona

Kreative Trainingseinheiten

Corona: Auf allen Ebenen sind die Entwicklungen weltweit höchst dynamisch und vieles erscheint teils chaotisch. Das betrifft natürlich auch den Sport. So hat sich der deutsche IOC-Präsident Thomas Bach bis zuletzt gewehrt, doch nun wurden die Olympischen Spiele sowie „Paralympics“ um ein Jahr auf 2021 verschoben. Mit der Folge, dass die für 2021 geplanten Leichtathletik-Weltmeisterschaften sowie Basketball-Europameisterschaften bereits jetzt auf das Jahr 2022 verschoben wurden. Abgesagt wurden auch die Deutschen Meisterschaften der Leichtathleten, ursprünglich für den 7. Juni in Braunschweig geplant, wie auch alle anderen Deutschen Meisterschaften vorerst bis zum 19. Juli. Fußball-Länderspiele sind ausgefallen, im Tennis sieht es nicht anders aus. Das für Anfang Juli geplante „Wimbledon Turnier“ ist ersatzlos gestrichen, die „French Open“ in Paris, geplant für Ende Mai, wurden auf die Zeit vom 20. September bis 4. Oktober verschoben. Einige Sportarten wie Volleyball, Eishockey oder Tischtennis haben ihre Punktspiel-Saison abgebrochen und beendet, andere wie Fußball, Basketball oder Handball hoffen noch auf die Fortsetzung, notfalls als „Geisterspiele“ – also ohne Zuschauer. Hauptsache, die Fernseh-Gelder fließen zumindest. Die Mannschaften der 1. und 2. Fußball-Bundesliga wollen den Spielbetrieb am 9. Mai wieder aufnehmen, die der 3. Liga am 16. Mai – Ziel ist es, die Saison bis Ende Juni zu beenden. Der Virologe Professor Alexander Kekulé geht davon aus, „dass es in diesem Jahr keine Fußballspiele mit Zuschauern mehr geben wird“, und rät, „für dieses Jahr nicht mehr mit Zuschauern (zu) planen.“ Das „Final Four“-Pokalturnier der Handballer wurde „in den Sommer“ verschoben. Wer kann und mag zurzeit konkret planen? „Notfalls Geisterspiele“, fordert auch die deutsche Tennisspielerin Angelique Kerber. „Was passiert, wenn die Saison abgebrochen wird?“, fragen sich viele Fußball-Vereine, wie auch der 1. FC Sarstedt, souveräner Tabellenführer der Bezirksliga und Aufstiegs-Aspirant zur Landesliga. Und der VfV Hildesheim als souveräner Spitzenreiter der Oberliga würde natürlich gerne in die Regionalliga aufsteigen.

Ein anderer Aspekt ist der finanzielle. Etliche Sportfunktionäre und Sportler verzichten auf einen Anteil ihres Gehaltes, was angesichts der Krise „angemessen“ ist, darüber lässt sich streiten. Einen millionenschweren Spitzensportler trifft es sicher deutlich weniger hart als Geringverdiener, die nun in Kurzarbeit sind. Wenn National-Torhüter Manuel Neuer von Bayern München für eine Verlängerung des im nächsten Jahr auslaufenden Vertrages 20 Millionen Euro fordert, ist das „Otto Normalverbrauchern“ nur äußert schwer zu vermitteln.

Finanzstarke große, international agierende Vereine werden die Corona-Katastrophe sicherlich überstehen, während viele „kleinere“ Vereine, natürlich auch in Deutschland, auf den Konkurs zusteuern.

Ausfall oder Aufschub vieler Termine 

Der Sportbetrieb bleibt auch in Sarstedt bis mindestens Anfang Mai eingestellt. Kurzhantel-Training im Haus und Garten ist nur eine schlechte Alternative zum Tennisplatz, Fitness-Studio, Fußball-/Sportplatz, Sporthalle, Schwimmbad oder Lauftreff. 

Auch Sport-Wettkämpfe finden zurzeit nicht statt. In der Region wurden unter anderem abgesagt oder verlegt: der „Wasa-Lauf“ in Celle der „Springe-Marathon“ und der „Wedekind-Lauf“ ebenso wie Haseder „Feldmark-Lauf“ und „Schüler-Biathlon“. Der „Hannover-Marathon“ wurde auf den 18. April 2021 verlegt, der „Hamburg-Marathon“ auf den 13. September verschoben. Betroffen sind in Sarstedt auch der FSV-„Frühjahrs-Werfertag“ sowie der „Mai-Markt“ der GHG am 3. Mai mit dem darin integrierten „Enten-Rennen“ der FSV. Beim TKJ-Lauftreff wurde der traditionelle „Foto-Termin“ inklusive aller Ehrungen für erfolgreiche Sportler des Vorjahres und der Übergabe der von der Firma T.D.M. gesponserten Sportkleidung auf unbestimmte Zeit verschoben. Und im Bereich Breiten“sport“ ist das „Stadtradeln“, das ursprünglich am 24. Mai beginnen sollte, auf die Zeit vom 6. bis 26. September verschoben worden. Ob das „Volksradfahren“ der FSV am 24. Mai stattfindet, ist noch offen. Eine Entscheidung zum „Schüler-Sportfest“ der FSV am 17. Mai, Stabhochsprung-Meeting des TKJ am 15. Mai oder auch „Sparkassen-Cup“ der FSV und des TKJ als Gemeinschaftsveranstaltung am 11. Juni muss zeitnah erfolgen. Es ist sehr schwierig, in Corona-Zeiten etwas zu planen.

Marathon auf dem Balkon

Fachleute verweisen darauf, dass ein Impfstoff gegen das Corona-Virus sicher nicht vor 2021 entwickelt, geschweige denn massenhaft produziert werden kann.

Manche Sportler suchen individuelle Lösungen. In Frankreich ist ein Läufer auf seinem Balkon, 7 m lang, einen Marathon gelaufen – 42,195 km – Ohne Taschenrechner kaum auszurechnen:

6028 Mal hin, 6028 Mal zurück – in sechs Stunden. „Bescheidener“ war ein Sportler in Fallersleben, der einen Halbmarathon um sein Haus gelaufen ist: 290 Runden mit jeweils 72,76 m in 2:34 Stunden. In Hasede hat eine Läuferin einen individuellen Ersatz für einen abgesagte Berliner Halbmarathon gefunden: Sie ist die 21,1 km alleine gelaufen in der Haseder Feldmark: 1:45 Std. – genau die für Berlin avisierte Zeit. Eine Französin praktiziert fast täglich „Walking auf der Terrasse“ – 60 Runden zu jeweils einer Minute. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Selbst Extremsport geht: Ironman-Olympiasieger und -Weltmeister Jan Frodeno hat einen Ironman-Triathlon zu Hause absolviert, im Swimmingpool mit Gegenstrom-Anlage, mit dem Rennrad auf Rollen und einem Marathonlauf auf dem Laufband – nach 8:33 Std. hatte er den „Triathlon Daheim“ bewältigt.

Und wie gehen die Sarstedter Sportler mit der Situation um?
Das KLEEBLATT hat einige Sportler befragt, wie sie die Zeit überstehen.

Unsere Interview-Partner im Überblick:

„Training unter freiem Himmel“ müssen die FSV-Schwerathleten
betreiben, berichtet deren Pressewart Steffen Kulhawy: „Für die FSV Schwerathleten ist es schwierig, ohne Langhanteln, Kniebeugenständer und schwere Gewichte sich für die Wettkampfdisziplinen fit zu halten. Jetzt merkt man, was einem fehlt, wenn man auf das gute Vereinsinventar verzichten muss.

Nun besinnt man sich auf Oldschool-Übungen in der freien Natur wie Baumstammstemmen à la Rocky Balboa, das fühlt sich auch gut an, und den Schwierigkeitsgrad für die Liegestütze erhöht man, indem man das einarmig macht. Es gibt viele Möglichkeiten, sich fit zu halten, auf dem Sofa zu sitzen ist keine Alternative, es geht irgendwann weiter und die Wettkämpfe sind nur verschoben. Wenn das Eisen im Kraftraum wieder bewegt werden darf, werden wir unsere Ziele in Angriff nehmen. Im Moment aber heißt es: „Ruhe bewahren und Solidarität zeigen“.

Auf die Kommunikations-Funktion des Radsports weist Rainer Scholz, Leiter der TKJ -Radsportabteilung, hin: „Aktuell ist Radfahren mit der Familie oder mit einer anderen Person erlaubt unter der Voraussetzung, dass der Sicherheitsabstand zur zweiten Person eingehalten wird. Ich habe seit Einstellung des Vereinsbetriebs zehn größere Einzelfahrten unternommen, wobei ich zweimal unterwegs einen Radsportfreund aus dem Verein getroffen habe und mit ihm unter Wahrung des Abstands nach Sarstedt zurückgefahren bin. Weitere Vereinsmitglieder fahren ebenfalls allein oder zu zweit.

Radfahren kommt in Zeiten der Lungenkrankheit Corona aber noch eine weitere Bedeutung zu: Es kann auch vorbeugend wirken. Wer an Hypertonie leidet und regelmäßig auch nur gemütlich fährt, senkt dabei den Blutdruck. Auch bei Menschen ohne Vorerkrankung kann das Radfahren einen positiven Effekt haben. Dabei wird die Lungenmuskulatur trainiert und zudem das Atmungsorgan gut belüftet und besser durchblutet.“

Das „soziale Miteinander“ vermisst zurzeit auch Björn Bartels, Leiter des TKJ-Lauftreffs: „Es ist keine einfache Situation für den TKJ-Lauftreff bzw. den Sport insgesamt. Seit Mitte März ist der offizielle Trainingsbetrieb, dienstags und donnerstags im Jahn-Sportpark, eingestellt. Jeder läuft für sich allein oder macht zu Hause Stabilisationstraining oder ähnliches. Das ist natürlich auch schön, aber ich habe relativ schnell gemerkt, wie sehr mir das gemeinsame Laufen in der Gruppe fehlt. Die vielen netten kleinen Gespräche während des Laufens, das gemütliche Beisammensein nach dem Laufen … auf all das müssen wir leider erst einmal verzichten.

Um die Zeit ein wenig zu überbrücken, versuche ich in dem wöchentlichen Newsletter per E-Mail unseren Läuferinnen und Läufern einige Fitnessübungen an die Hand zu geben, welche man ganz leicht zu Hause ausüben kann. Zudem habe ich auf der Internet-Plattform strava.com eine Gruppe für den Lauftreff angelegt. Dort kann jeder seine Läufe, die z.B. mit einer GPS-Uhr oder mit dem Smartphone „getrackt“ wurden, hochladen. So bleiben wir wenigstens virtuell in Kontakt und können uns auf diesem Wege anfeuern.“

„Über digitale Medien fithalten“ lautet das Motto der FSV-Turnabteilung, so Abteilungsleiterin Ortrud Kepper-Bruns: „Unsere Hip-Hop-Gruppe mit Pia Simon hat beispielsweise ein spezielles „Training im Ausnahmezustand“ bei der FSV-Hip Hop-Dancecrew „Loyal.T“ entwickelt.
Bevor der Trainingsbetrieb in allen Vereinen eingestellt wurde, befand sich die Gruppe mitten in der Wettkampfvorbereitung. Um das nicht komplett zu verlieren, versuchen die Mädels sich über digitale Medien fit zu halten. Gleich zu Beginn der Isolation hat Pia Simon für die Tänzerinnen ein Home-Workout gefilmt, mit dem sie jetzt zu Hause trainieren. Außerdem tanzen sie gemeinsam über ein Online-Meeting-Portal namens „Zoom“. Hierbei haben sie die Möglichkeit, sich über das Handy oder den Computer zu hören und zu sehen. Sie tanzen dann gemeinsam oder machen ein paar Fitnessübungen. Aber die meiste Zeit wird einfach gelacht und geredet. „Es ist toll, dass wir dadurch die Möglichkeit haben, beisammen zu sein!“, so Pia Simon.

Auch die Fitnessgruppen, die Seniorinnen oder die Reha-Gruppen bekommen jede Woche einen kleinen Zirkel mit Musik, Motivation per WhatsApp oder halten sich mit guten Online-Videos fit. Für die Mädels der Leistungsriege gibt es ein Krafttrainingsprogramm und jetzt wöchentlich auch eine neue Challenge per WhatsApp.

 

„Es geht zurzeit ein wenig drunter und drüber“, stöhnt die Vorsitzende der TKJ-Schwimmabteilung, Frauke Schulz: „Die Schwimmabteilung sitzt im wahrsten Sinne auf dem Trocknen. Ohne Hallenbad keine Trainingsmöglichkeit, denn im See ist es doch noch etwas frisch. Aber die Leistungsschwimmer wissen ja, was sie für ihre Fitness tun können.“

 

 

 

Auf eine „schrittweise Normalisierung der Lage“ hofft Daniel Ludwig, der Vorsitzende der FSVLeichtathletik-Abteilung: ,,Sicherlich waren die ergriffenen Maßnahmen notwendig. Aber wie vermutlich alle Sportler sehnen auch die Leichtathleten eine schrittweise Normalisierung der Lage herbei, damit zumindest der Trainingsbetrieb – ggf. auch unter Auflagen- wieder aufgenommen werden kann. Eine Ausrichtung von Wettkämpfen erfolgt bei der FSV bis Ende April nicht. Alles Weitere bleibt abzuwarten.“

 

„Um die Abteilungsmitglieder auf dem Laufenden zu halten, kommunizieren wir per E-Mail oder Whatsapp“, erklärt Gerhard Bandemer, der Leiter der TKJ-Tischtennisabteilung: „Aus den Reaktionen der Mitglieder entnehme ich, dass sich alle an die Verhaltensregeln halten und bisher unbeschadet die Krise bewältigt haben. Da alle Sporthallen in Sarstedt gesperrt sind, halten wir uns überwiegend fit durch Fahrradfahren und Joggen. Jörg Hasse, Mannschaftsführer der 1. Herren und stellvertretender Abteilungsleiter, hat eine kurzfristige Investition getätigt und eine Tischtennisplatte gekauft, um in seiner Garage trainieren zu können. Vom Tischtennisverband Niedersachsen wurde die laufende Saison per 14.03. für beendet erklärt. Die zu diesem Zeitpunkt erarbeiteten Punkte und Tabellenstände werden bei der Auf- und Abstiegsregelung berücksichtigt. So sind wir in der glücklichen Lage mit der 1. Damen- sowie der 1., 2. und 3. Herren-Mannschaft vier Meisterschaften feiern zu können. Da von unseren restlichen sieben Teams keine Mannschaft mit dem Abstieg rechnen muss, ist diese Saison trotz aller Einschränkungen und negativen Auswirkungen für uns positiv verlaufen.“

„Die drei Tennisplätze auf der Anlage am Festplatz sind hergerichtet, eigentlich könnte die Saison eröffnet werden“, berichtet Achim von Lüderitz, der Pressewart der FSV-Tennisabteilung: „Doch wie alle andern müssen sich auch die FSV-Tennisspieler in Geduld üben. Statt Einzel, Doppel oder Mixed stehen Joggen im Freien und Gymnastik in den eigenen vier Wänden auf dem Trainingsplan. Da auch die Tennishalle in der Giesener Straße seit Wochen geschlossen ist, hoffen die Akteure natürlich, dass sie möglichst bald wieder zum Schläger greifen dürfen, werden sich aber natürlich an die geltenden Auflagen halten. Auch wenn diese bei fast 200 Quadratmetern Platz für zwei Spieler unter freiem Himmel nicht so ganz einleuchtend sind. Terminschwierigkeiten gibt es nicht, weil die FSV-Abteilung in dieser Saison nur mit einer Mannschaft bei der Sommer-Doppelrunde vertreten ist. So heißt es also weiter: Abwarten und Tee trinken. Wobei vor allem das Letztere bei dem vielfältigen Getränkeangebot im Klubhaus während des Sommers besonders schwerfallen dürfte“.

„Auch die Badmintonabteilung der FSV steht still“, erläutert Abteilungsleiterin Claudia Linsel: „Wir konnten glücklicherweise noch unsere Punktspielsaison 2019/2020 zu Ende spielen – und den Aufstieg der O19-Mannschaft in die Kreisliga nach Hause bringen. Nach der Punktspielsaison folgt in unserer Sportart die Turniersaison – alles auf Eis gelegt bzw. abgesagt. Unser Landesverband hat auch alle Veranstaltungen, wie z. B. Trainer- oder Schiedsrichterfortbildungen abgesagt bzw. ausgesetzt, aktuell bis einschließlich zum 31.05.2020.

Wir halten uns zurzeit in den üblichen „Home-Sports-Disziplinen“ fit, aber unsere Technik wird in den nächsten Wochen leiden. Allerdings gibt es auch bei uns kreative Ideen – aktuell die „Coffee Cup Challenge“. -Wer Ballgefühl bestaunen möchte, hier ein Link aus der Region Hannover: https://youtu.be/6jX-27ShSsA.

Sarstedt (jm).